Dekompressionskrankheit

Als Dekompressionsunfall oder -krankheit werden verschiedene Verletzungen durch Einwirkung von Überdruck beziehungsweise von zu schneller Druckentlastungen bezeichnet. Die Verletzungen treten vor allem bei Tauchunfällen auf und werden deshalb auch als Taucherkrankheit oder Caissonkrankheit bezeichnet. Die gemeinsame Ursache aller Dekompressionsunfälle ist die Bildung von Gasblasen im Körperinneren.

 

Begriffsbestimmung

 

Die Unterscheidung zwischen Dekompressionskrankheit (decompression illness, DCI) und Caissonkrankheit (decompression sickness, DCS) kommt in der deutschen Übersetzung der Begriffe „Illness“ und „Sickness“ kaum zum Ausdruck und wird auch nicht von allen Tauchmedizinern akzeptiert. Daneben wird in der Literatur DCI auch als Abkürzung für den Dekompressionsunfall (decompression incident, DCI) verwendet, der dann anhand der Entwicklung der Symptome weiter typisiert wird.

Im englischen wird die häufigste Form der Dekompressionskrankheit als decompression sickness (DCS) oder als decompression illness (DCI) bezeichnet. In großen Höhen (Bergseetauchen) ist die Gefahr durch den geringeren Atmosphärendruck stärker.

Um bei Astronauten die Gefahr einer Dekompressionskrankheit bei Weltraumausstiegen zu vermeiden, werden Astronauten vor dem Ausstieg durch eine Übernachtung bei vermindertem Druck an die Druckbedingungen angepasst.

Der Überbegriff Dekompressionskrankheit umfasst die Schäden, die durch Gasblasenbildung durch überschüssiges Inertgas (meist Stickstoff, bei Sezialatemgasen auch Helium und Wasserstoff) = Caissonkrankheit oder Dekompressionskrankheit (DCS) embolische Verschlüsse nach einem zentralen Lungenriss (arterielle Gasembolie, AGE) entstehen.

Die Bezeichnung Caissonkrankheit (Kastenkrankheit) kommt von den Senkkästen, die ab 1870 vermehrt zur Herstellung von Gründungen für Brückenpfeiler eingesetzt wurden. Im Gegensatz zu den bis dahin üblichen Taucherglocken ermöglichten diese eine wesentlich längere Arbeitszeit, die in der Folge zu einem sprunghaften Ansteigen der Dekompressionskrankheit führte.

 

Ursache

 

Nach dem Henry-Gesetz steht die Menge eines in Flüssigkeit gelösten Gases in direktem Verhältnis zum Partialdruck des Gases über der Flüssigkeit. Deshalb diffundiert bei einem Tauchgang auf z. B. 30 m Tiefe durch den erhöhten Partialddruck des Gases in der Atemluft entsprechend mehr Stickstoff durch die Alveolar- und Kapillarmembranen und löst sich im Blut (die Löslichkeit steigt mit dem Umgebungsdruck). Das stickstoffreichere Blut wird dann durch die Gefäße zu den verschiedenen Geweben im Körper transportiert, wo sich die Stickstoff-Konzentration ebenfalls entsprechend der Partialdruckverschiebung und der erhöhten Löslichkeit erhöht. Die verschiedenen Gewebe werden in Dekompressionsmodellen im Allgemeinen als Kompartimente bezeichnet.

 

Die Stickstoffanreicherung in den Geweben (Aufsättigung), wie auch die spätere Abgabe des Stickstoffs beim Auftauchen (Entsättigung), geschieht mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, je nach Durchblutung der Gewebe. Das stark durchblutete Gehirn wird als „schnelles“ Gewebe bezeichnet, die weniger versorgten Gelenke und Knochen als „langsames“ Gewebe. Als Halbwertszeit eines Gewebes bezeichnet man die Zeitdauer, die dieses in der Tiefe bis zur Hälfte der Aufsättigung beziehungsweise Entsättigung benötigt. Während des Aufstieges entsättigen sich die Gewebe von dem Stickstoff, der über das Blut zur Lunge transportiert und abgeatmet wird. Bei einem zu schnellen Aufstieg an die Oberfläche, unter Missachtung der Dekompressionsregeln, sinkt der mechanische Druck schneller ab, als es zur entsprechenden Entsättigung kommen kann. Blut und Gewebeflüssigkeit weisen dann eine Gasübersättigung auf. Der Stickstoff zusammen mit allen anderen gelösten Gasen bleibt dann nicht vollständig in Lösung, sondern sie bilden Blasen. Dies ist vergleichbar mit dem Aufschäumen beim Öffnen einer Sprudelflasche.

Die entstehenden Gasblasen können im Gewebe zu mechanischen Verletzungen führen und in Blutgefäßen eine Gasembolie bilden und somit eine lokale Unterbrechung der Blutversorgung verursachen.

 

Lebensrettende Sofortmaßnahmen und erste Hilfe

  • Alarmierung geeigneter Rettungsmittel (Taucharzt, Rettungsdienst, ggf. Rettungshubschrauber)
  • Wenn möglich Gabe von reinem Sauerstoff
  • Bei Bewusstlosigkeit: Stabile Seitenlage und ständige Kontrolle der Atmungs- und Kreislaufparameter
  • Bei Atemstillstand und / oder Kreislaufstillstand: Herz-Lungen-Wiederbelebung
  • Wärmeerhaltung (Rettungsdecke)
  • Wenn Patient bewusstseinsklar:
  • Rückenlage, ggf. Seitenlage (keine Schocklage, da dies die intrakranielle Druckerhöhung (Hirndruck) begünstigt)
  • 500 bis 1000 ml Flüssigkeitszufuhr (ggf. Infusionstherapie mit kristallinen und kolloidalen Lösungen)
  • Sicherstellung des Tauchcomputers und der restlichen Tauchausrüstung
  • Druckkammerbehandlung mit hyperbarem Sauerstoff (Hyperbare Oxygenierung)